Niemand, sei er noch so jung, kann aus der Geschichte entlassen werden. Erinnerung ist lebensnotwendig im Leben des Einzelnen wie der Gemeinschaft. In guter Tradition werden wir zur Reichspogromnacht deshalb immer wieder erinnern, auf den Friedhöfen, Straßen, den Kirchen und Marktplätzen. Bürgermeister Andreas Hübgen und der Historische Verein Illingen Saar e.V. haben am 9. November 2024 wieder gemeinsam dazu eingeladen. Erstmals hat der Historische Verein zu diesem Anlass einen Flyer herausgegeben, der die wichtigsten Stationen unseres Rundgangs durch das jüdische Leben in Illingen beleuchtet.
Wir möchten im Folgenden einige Passagen zu den einzelnen Stationen zitieren (vgl. Historischer Verein Illingen e.V. (Hrsg.):
„Der Illinger Judenfriedhof lag, wie die Häuser der Judensiedlung, auf herrschaftlichem Grund und Boden am Rande des Heisters – zum Schlossberg hin, wo sich die kerpischen Äcker ausdehnten. Der Zugang ist am Ende der Heisterstraße. …Der Friedhof ist neben dem Tempel in Jerusalem und der Synagoge der dritte heilige Ort der Juden. Er ist in seiner kultischen Bedeutung der Synagoge ebenbürtig.“ In einem ersten Vortrag zum Start des Rundgangs auf dem jüdischen Friedhof in Illingen, erläuterten Hans-Jürgen Konopka und Toni Schröder seine Geschichte, die im Jahre 1747 begann und im Grunde nie enden wird, denn im jüdischen Glauben heißt es: „Die Toten schlafen dem „Jüngsten Tag“ entgegen.“ Eine zweite Station machten zahlreiche Teilnehmende auf ihrem Weg durch das jüdische Leben, über viele „Stolpersteine“ hinweg, gegenüber dem heutigen Café Schirra, das 1879 von Simon Levy erbaut wurde. „1768 wurde die erste Synagoge eingangs der Judengasse erbaut; …Wegen Baufälligkeit wurde die Synagoge am 30. Januar 1856 geschlossen.“ und 1859, neben dem Parkdeck am Café Schirra, neu erbaut. Sie war fast 90 Jahre der religiöse Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde. „Um die Mittagsstunde des 10. November 1938 wurde die Synagoge von den Mitgliedern der SA geplündert, zerstört und angezündet. Mit der Synagoge in Illingen verschwand eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden im Saarland, wie auch alle jüdischen Mitglieder der Gemeinde.“ Horst Bremerich, geboren 1929, ist der einzige noch lebende Zeitzeuge, seine Erzählungen bestätigen die eingehenden, von Toni Schröder und Hans-Jürgen Konopka vorgetragenen Recherchen. „Über mehr als zwei Jahrhunderte hatten jüdischen Frauen und Männer mit ihren Familien regen Anteil am Leben des Gemeinwesens Illingen. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brannten Synagogen…Menschen wurde getötet, gedemütigt, verhaftet, misshandelt und vergewaltigt, Geschäfte und Wohnungen demoliert und zerstört. …Der 9. November muss auch ein Tag „wider das Vergessen“ sein.“
Nie wieder ist jetzt! – Bürgermeister Andreas Hübgen stellte, in seiner Rede zum Ende dieses Rundgangs im Rahmen der Gedenkfeier am Torbogen der ehemaligen Synagoge hinter dem Kulturforum Illipse, die aktuellen Zeitbezüge in den Mittelpunkt, die mehr denn je dazu ermahnen, jüdisches Leben zu schützen, zu bewahren und zu stärken!
Würdig umrahmt wurde diese Gedenkfeier mit Texten zum christlich-jüdischen Leben und Liedern von Louis Lewandowski durch unseren Illinger Kammerchor CON ANIMA.
Als Symbol für Loyalität, Respekt, des selbstlosen Widerstands und der Zivilcourage legten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, begleitet von nahezu allen Vertretern und Vertreterinnen der demokratischen Parteien, der Kirchen und öffentlicher Institutionen, weiße Rosen am Torbogen der ehemaligen Synagoge nieder. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ohne die ständige Erinnerung an sie, würde unzureichend bleiben.
Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden und Teilnehmenden, für diese ermutigende und hoffnungsvolle Gedenkveranstaltung!